Unterstützung aus eigener Erfahrung
Julia Handtke ist erste Ansprechpartnerin für Rückkehrwillige in den Kreis Höxter

Wie geht man eigentlich so eine Rückkehr in die alte Heimat an, was für Fallstricke und Fragen kommen auf einen zu? Das sind die Themen, mit denen sich Julia Handtke täglich beschäftigt. Sie ist seit 2020 erste Ansprechpartnerin bei der Rückkehr Agentur im Kreis Höxter und unterstützt Rückkehrwillige bei ihren individuellen Fragen. Vieles kann sie aus eigener Erfahrung nachvollziehen, denn sie und ihr Mann sind selbst in die Region zurückgekehrt. Wir wollten von ihr wissen, wie ihre eigene Rückkehr aussah und wie sie Rückkehrenden in den Kreis Höxter heute mit dem eigenen Erfahrungsschatz helfen kann.

Julia, 2016 sind Du und Dein Mann nach einigen Jahren in Köln wieder zurück nach Höxter gekommen. Was waren damals eure Beweggründe und wie sieht euer Leben heute aus?

Alles im Leben hat seine Zeit und unsere „Höher – schneller – weiter“ Tage in der Stadt waren gezählt. Wir haben gemerkt, dass uns der Großstadtdschungel viel gibt, aber auch immens viel abverlangt. Hinzu kam, das in uns der Familiengedanke aufkam und wir diesen Lebensabschnitt mit der Stadt nicht so richtig in Einklang bringen konnten. Irgendwie war damit auch der Wunsch nach Ankommen verbunden, nach Platz und Heimat. Heute leben wir als kleine Familie in unserem Traumhäuschen und genießen das (Land-) Leben in Höxter.

 

Heute hilfst Du mit der Rückkehr Agentur selbst Menschen, die wieder in den Kreis Höxter kommen wollen. Erkennst Du Dich da manchmal wieder? Hättest Du Dir so eine Anlaufstelle damals auch gewünscht?

Oh ja! Ich erkenne mich vielfach wieder. Viele RückkehrerInnen äußern den Wunsch jetzt „richtig anzukommen“, auch wieder im Familienumfeld zu sein. Viele suchen Entschleunigung und die Nähe zur Natur. Eines haben alle RückkehrerInnen gemeinsam: Die Sehnsucht nach Zuhause und des „Heimkommens“. Eine Anlaufstelle sind für viele – und so war es für mich auch damals – hier lebende Familienmitglieder oder alte Freunde. Aber das Netzwerk ist oft begrenzt und der nformationsstand unterschiedlich. Natürlich hat jeder in seinem Leben auch noch andere Dinge zu tun hat, als sich um die Rückkehr eines Freundes, Freundin, Tochter o.ä. zu kümmern. Eine unabhängige Anlaufstelle zu ALLEN wichtigen Themen wäre daher schon gut gewesen.

 

Mit welchen Fragen und Erwartungen kommen die Leute auf Dich zu? Kannst Du immer helfen?

Die Top Themen sind: Arbeiten, Wohnen und Kinderbetreuung. Viele RückkehrerInnen kommen mit der Erwartungshaltung auf mich zu, hier schnell ein Haus zu finden und die Kinder schnell betreut zu wissen. Im Vergleich – und so dachte ich damals auch – denkt man beim ländlichen Raum immer an viel Platz und wenig(er) Menschen: Sprich z.B. viele (günstige) Häuschen bzw. Bauplätze und eine hohe Betreuungsquote. Aber da muss man Zeit mitbringen und auch hier sind die Betreuungsplätze heiß begehrt. Witziger Weise machen sich die Rückkehrer eher Gedanken um einen adäquaten Job, da vielen gar nicht bewusst ist, was für spannende Arbeitgeber von Handwerk über Dienstleitung und Industriekonzernen hier vor Ort sind. Als Rückkehr Agentur kann ich als „Lotse“ den RückkehrerInnen Hinweise zur regionalen Wohnraum- und Jobssuche sowie Kinderbetreuung geben und als Vernetzungsstelle auf die richtigen Ansprechpartner, Tools und Institutionen verweisen. Manchmal sind die Fragen auch sehr speziell und individuell, aber da arbeite ich mich auch gerne ein.

 

Was hilft Dir aus Deiner eigenen Rückkehrerfahrung am meisten?

Das Thema Haussuche war bei uns so eine Sache. Wir haben lange im Vorfeld die einschlägigen Portale durchgeklickt und Immobilienanzeigen von Köln aus durchforstet. Schlussendlich war es aber Kollege Zufall, der uns dank Mund-zu-Mund Propaganda geholfen hat. Unser Haus stand in keinem Verkaufsportal im Netz, wir hätte es aus der Ferne nie aufs Radar bekommen. Deshalb ist meine Empfehlung immer: Berichtet von Euren Rückkehrplänen! Erzählt Eltern, Geschwistern und alten Freunden vom Rückkehr-Vorhaben. Es kennt immer Jemand jemanden, der jemanden kennt, der weiß, wo ein Haus aktuell oder vielleicht erst in nächster Zeit zum Verkauf steht. Immobilien auf dem Dorf schaffen es oft gar nicht auf den freien Markt. Das macht das Suchen aus der Ferne echt schwierig. Das gilt ebenfalls für Jobs und Stellen bei Unternehmen, die man selbst vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat.

 

Wie gehst Du vor, wenn z.B. die Frage nach einem neuen Arbeitgeber aufkommt?

Grundsätzlich kann man sich einen guten, ersten Überblick unserer hiesigen Unternehmen auf unserer Homepage verschaffen. Auch im Rückkehrer Bereich haben wir einige Links zur Jobsuche zusammengetragen. In den Facebookgruppen posten wir regelmäßig Stellen aus der Region unter den „Erfolxchancen“. Wenn da nichts passendes dabei ist bieten ich ganz individuell den Service des Jobsteckbriefes (Jobsteckbrief download) an. In diesem niedrigschwelligen Tool können sich RückkehrerInnen anonym bei potenziellen Arbeitgebern vorstellen. Wir haben ein großes Netzwerk und arbeiten mit Unternehmen und auch der Agentur für Arbeit zusammen, die den Steckbrief dann erhalten und mit ihren Bedarfen abgleichen. Wenn ich aber genaueres über die Ausbildung bzw. den beruflichen Werdegang und Arbeitswunsch erfahre, kann ich ggf. schon auf ganz konkrete Arbeitgeber und offene Stellen verweisen, um somit einen ersten Kontakt herzustellen. Manchmal sind Stellen auch nicht ausgeschrieben, Rückkehrer passen aber so gut zu Unternehmen, das sich trotzdem etwas ergibt.

 

Wenn Du Dir etwas aus der Zeit in Köln hier in den Kreis Höxter wünschen könntest, was wäre das?

Auf jeden Fall den ein oder anderen Lieblingsmenschen. So groß die (Vor-) Freude auf das Leben hier auch war und ist, so habe ich auch einiges in Köln zurückgelassen. Zumal ich die rheinische Frohnatur, Offenheit und Herzlichkeit sehr zu schätzen wusste. Umso mehr freue ich mich, jetzt Exil-Kreis-Höxteraner beim wieder Ankommen zu unterstüzen.