Alles hat seine Zeit
Katharina Grote, Höxter
„Alles hat seine Zeit“,
sagt Katharina Grote, wenn sie darüber nachsinnt, was sie in Potsdam aufgibt. An jeder Ecke ein Café, ein vielseitiges Kulturprogramm, angesagte Clubs, überall Möglichkeiten, die Nacht zum Tag zu machen. Und dann auch noch die Hauptstadt Berlin gleich vor der Haustür. Das alles hat Licht und Schatten.
„Das Überangebot kann auch belastend sein“,
konstatiert die gebürtig aus Stahle kommende Bankkauffrau. Denn es weckt die Versuchung, möglichst viel mitzumachen. „Ich zum Beispiel war eine Konzert- und Festival-Gängerin.“ Die vielen Gelegenheiten machten diese Leidenschaft anstrengend. „Daher habe ich kein Problem damit, die Großstadt hinter mir zu lassen. Ich bin froh, wenn ich richtig ankomme. Dazu brauche ich
kein Partyleben.“ Außerdem biete Höxter, ihr zukünftiger Wohnort, trotz aller Beschaulichkeit ebenfalls die Möglichkeit zu feiern oder Konzerte zu besuchen. „Das alles sind natürlich Luxusprbleme“, sinniert die junge Rückkehrerin.
Sie freut sich darauf, wieder daheim und in der Nähe der Familie zu sein
Am 3. Januar 2022 wurde in der Volksbank Höxter ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ihr Metier, die Privatkundenberatung, bleibt das gleiche. „Dieses Arbeitsgebiet macht mir Freude.“ Zusammengekommen sind die junge Bankkauffrau und ihr neuer Arbeitgeber über die Rückkehr Agentur bei der Wirtschaftsförderung für den Kreis Höxter. „Mein Vater hat mich auf die Agentur aufmerksam gemacht“, erzählt Katharina Grote. Sie füllte den Jobsteckbrief aus und fügte einen Lebenslauf bei. Nach dem ersten Kontakt verging eine Weile. „Dann kam der Anruf mit der Jobperspektive zur richtigen Zeit“, berichtet die 31-Jährige, die zuerst Lehrerin werden wollte. Das Lehramtsstudium in Rostock gab sie dann aber zugunsten ihrer zweiten Leidenschaft, der Finanzwelt, auf. Diesen Wechsel hat sie nie bereut – so wie sie jetzt davon ausgeht, dass sie auch die Rückkehr in die Heimat nicht bereuen wird. „Ich zähle schon die Wochen“, schaute die 31-jährige Mitte November nach vorne. Zu der Zeit war sie gerade dabei, ihre Wohnung aufzulösen und erste Umzugskisten zu packen. Der Nachmieter zieht vor Weihnachten noch ein. Das bedeutet für Katharina Grote, dass sie nach dem Fest, wenn sie nochmal ein paar Tage in Potsdam arbeiten muss, keine Bleibe hat. Aber auch das Problem ließ sich lösen. „Ich übernachte bei einem guten Bekannten.“ Das alles kommt ihr ein wenig surreal, wie ein Abenteuer vor.
Der Schlüsselmoment
Es war die Corona-Weihnacht 2020. Wegen des Lockdowns fuhr sie nicht nach Hause und saß Heiligabend allein in ihrem 27-Quadratmeter-Appartement im Plattenbau. „Ich starrte die Wände an und hatte einen absoluten Tiefpunkt. Mit voller Wucht traf mich der Wunsch nach Nähe zur Familie und zu Freunden. Dann stand der Entschluss fest: Ich will heim.“ Als hilfreich empfand sie die Angebote der Rückkehr Agentur: „Schon allein die Jobsuche aus der Ferne ist sehr anstrengend.“ Umso erleichternder ist es, dass die Agentur hilft. Mit Katharina Grote hat Leiterin Julia Handtke jetzt eine Botschafterin für die Vorzüge des Kreises Höxter und eine Mutmacherin für Rückkehrwillige im Kreis ihres Netzwerks. Denn die junge Bankkauffrau sagt ganz deutlich: „Wer sich mit dem Gedanken trägt, zurückzukehren, der sollte es wagen.“ Und: „Man sollte die Rückkehr auf keinen Fall als Scheitern betrachten. Das ist es nicht. Man selbst wird älter, die Eltern werden älter. Zeit ist so kostbar.
Es gibt gute Gründe, in die Heimat und in die Nähe der Familie zurückzukehren.“